Tugay Özbey-WebseiteDas bin ich, oder? – Das Recht am eigenen Bild in sozialen Netzwerken
Tugay Özbey, Universität Hamburg

Facebook, Instagram, Twitter & Co. Ständig posten wir Bilder von uns in diesen sozialen Netzwerken. Mal ein Einzelfoto als Profilbild, mal ein Gruppenfoto mit den besten Freunden ins Album. Doch nicht nur wir posten Bilder von uns. Manchmal lädt ein Klassenkamerad das Klassenfoto hoch, auf dem wir uns in einer unangenehmen Situation befinden. Hin und wieder kommt es sogar vor, dass wir auf einem fremden Bild einer unbekannten Person landen. Gerade in solchen Konstellationen kommt das Recht am eigenen Bild ins Spiel. Und nun, was tun?

Ich, oder doch nicht?

Zunächst muss man wissen, was unter dem Begriff „eigenes Bild“ zu verstehen ist. Zu einem Abbild zählt jede bildliche Darstellung des äußeren Erscheinungsbildes eines Menschen. Dabei ist es irrelevant, ob es sich um eine Fotografie, eine Zeichnung, eine Karikatur oder eine Grafik handelt. Relevant ist allerdings die Identifizierbarkeit der eigenen Person. Damit ist gemeint, dass das Bild so charakterisieren und individualisieren muss, dass es als Bildnis einer bestimmten Person angesehen wird. Dafür muss die Person von einem etwas weiteren Kreis als nur dem engeren Familien- und Freundeskreis erkennbar sein. Ist dies der Fall, so besteht ein Bildnis, die der erkennbaren Person Rechte verleiht.

Das Recht am eigenen Bild

Beim Recht am eigenen Bild handelt es sich aus verfassungsrechtlicher Perspektive um eine Ausprägung des von Verfassungs wegen geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie aus Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Art. 7, 8 der EU-Grundrechtecharta (GRCh).

Abgestuftes Schutzkonzept

Einfachgesetzlich wird dieses Recht in den §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG) geregelt. Aus diesen Vorschriften geht hervor, dass Bildnisse des Abgebildeten nur mit seiner Einwilligung verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Eine Einwilligung ist eine Willenserklärung, mit der die vorherige Zustimmung erteilt wird.

Diese Einwilligung bzw. Erlaubnis kann sich aus den Umständen ergeben, insbesondere dann, wenn der Abgebildete vorher dafür Geld erhalten hat. Möglich ist es auch, diese Erlaubnis zu widerrufen, nämlich dann, wenn er nicht mehr vom Werk überzeugt ist und die weitere Verwendung seines Bildnisses ihm nicht zugemutet werden kann. In solchen Fällen hat der Inhaber einen Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn dieser Aufwendungen hatte und nicht mit einem Widerruf rechnen musste.

Das bloße Fotografieren

In der Regel gilt das Einwilligungserfordernis aber nicht für das bloße Fotografieren. Ein Hobbyfotograf, der gerne reist und dabei viele Fotos von der Landschaft und Bauwerken schießt, muss sich keine Gedanken darüber machen, dass dort weitere Menschen abgebildet sind. Fotografieren für das private Album ist immer erlaubt. Die Verbreitung und Veröffentlichung dieser Fotos unterliegt wiederum den oben genannten Voraussetzungen.

Sollte der Fotograf gezielt Menschen ablichten, kann es unter Umständen Unterlassungs- und Löschungsverpflichtungen wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründen, wenn der Fotografierte damit nicht einverstanden ist. Auch bei Verletzungen der Intimsphäre, der Menschenwürde oder wo die Veröffentlichung ohne Einwilligung von vornherein unzulässig wäre, dürfen Fotos nicht geschossen werden.

Ausnahmekatalog

Allerdings ist nicht immer eine Einwilligung der auf dem Bild zu sehenden Person erforderlich. Dazu muss ein Blick auf den Ausnahmekatalog des § 23 Abs. 1 KUG geworfen werden:

Der in der Rechtsprechung viel erörterte Fall ist der des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Demnach ist das Erfordernis der Einwilligung bei Personen der Zeitgeschichte eingeschränkt. Dazu gehören alle Menschen, die aufgrund ihres Amtes oder ihres Berufes regelmäßig der öffentlichen Wahrnehmung ausgesetzt sind (bspw. Politiker, Schauspieler, Sportler etc.).

Es gilt: Je mehr eine Person im öffentlichen Interesse steht, desto eher muss sie eine Berichterstattung mit Bildern dulden. Die Grenze dessen wird besonders durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über Prinzessin Caroline von Hannover deutlich, wo der Fotograf einen Hubschrauber mietete, um die Prinzessin fotografieren zu können.

Weiterhin kann von der Einwilligung abgesehen werden, wenn die abgebildete Person lediglich als Beiwerk beispielsweise einer Landschaft zu sehen ist. Der Fotograf muss also nicht warten, bis das kilometerweite Panorama menschenleer geworden ist. Wer an Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen teilnimmt, muss ebenfalls damit rechnen, dass sein Bild im Rahmen einer Berichterstattung erscheint. Klassische Beispiele für diese Konstellation sind Konzerte, Demos, Märsche etc. Bei privaten Versammlungen und Ereignissen steht es dem Fotografen wiederum nicht zu, das Foto zu veröffentlichen, weil diese von der Ausnahme nicht erfasst sind und eine Einwilligung immer noch erforderlich ist.

Schließlich besteht noch die Möglichkeit, dass im konkreten Fall ein höheres Interesse der Kunst besteht und daher eine Einwilligung nicht erforderlich ist. Dieser Ausnahme kommt jedoch keine große praktische Bedeutung zu.

Rückausnahme

Die soeben aufgelisteten Ausnahmen greifen indes nicht ein, wenn durch die Verbreitung ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Was genau unter einem berechtigten Interesse zu verstehen ist, ist interpretationsbedürftig und vom Einzelfall abhängig. Regelmäßig stehen sich hier die Presse- und Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2 GG und das Interesse des Abgebildeten gegenüber. Jedenfalls soll dadurch eine Grenze gezogen werden, um Privat- und Intimsphäre der Person zu schützen und Ehr- und Rufverletzungen zu verhindern.

Verbreiten und veröffentlichen in sozialen Netzwerken

Heutzutage ist es besonders üblich, Bildnisse in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und Co. zu posten und zu teilen. Diese Netzwerkplattformen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie eröffnen uns jedoch nicht nur eine neue Kommunikationsform, sondern stellen uns im Bereich der Privatsphäre und dem Persönlichkeitsrecht vor neue Herausforderungen. Inwiefern das Teilen und Posten von Bildnissen in sozialen Netzwerken erlaubt ist, hängt von der Kommunikationsmethode ab.

1. Eigene Fotos

Die erste Möglichkeit liegt darin, selbst Fotos in einem sozialen Netzwerk einzustellen. Dabei ist es entscheidend, dass das Foto öffentlich zur Schau gestellt wird, d.h. es muss dritten Personen ermöglicht werden, das Bildnis wahrzunehmen. Beispielsweise handelt es sich um eine öffentliche Zurschaustellung, wenn ein Foto als Profilbild oder lediglich in einem Album hochgeladen wird. Eine Besonderheit der aktuellen sozialen Netzwerke, insbesondere Facebook und Instagram, ist allerdings, dass die hochgeladenen Bildnisse nur für einen begrenzten Nutzerkreis zugänglich gemacht werden können. Dem Nutzer wird die Option zur Verfügung gestellt, Fotos nur für sich selbst, seinen Freunden, den Freunden der Freunde oder für jeden sichtbar zu machen.

Ob unter solchen Einstellungen das hochgeladene Bildnis trotzdem als öffentlich zur Schau gestellt gilt und daher einer Einwilligung bedarf, ist wiederum vom konkreten Einzelfall abhängig, denn öffentlich zur Schau gestellt werden kann ein Bildnis nur an Personen, die nicht mit dem Verwerter persönlich in Verbindung stehen. Facebook-Freundschaften und Kontaktlisten sind zumindest nicht von vornherein als persönliche Verbundenheit einzustufen. Die Annahme einer persönlichen Verbundenheit setzt nämlich keine familiäre oder freundschaftliche – wenn auch nur virtuelle – Verbundenheit, dafür aber einen engen gegenseitigen Kontakt voraus.

Als Faustregel kann man sich merken: Je mehr Personen involviert, desto eher fehlt es an einer persönlichen Verbundenheit. Je weniger Personen, desto eher sind sie persönlich verbunden, so das Oberlandesgericht München.[1]

2. Fremde Inhalte

Die Kommunikation in sozialen Netzwerken basiert ganz wesentlich darauf, dass Nutzerinnen und Nutzer nicht nur eigene Beiträge und Bilder, sondern auch fremde Inhalte mit entsprechenden Bildnissen teilen. Ein solches Teilen fremder Inhalte wird technisch als eine Verlinkung in Form eines Hyperlinks (verkleinertes Vorschaubild) oder eines Framelinks mit eingebettetem Inhalt bezeichnet. Inwieweit der Linksetzer (Teiler des Hyperlinks) für das Einhalten der rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der fremden Inhalte haftet, ist abhängig von seinen Kenntnissen über die Rechtswidrigkeit des verlinkten Inhalts sowie vom Verwendungszweck des Hyperlinks.

Hierbei ist zwischen dem Verlinken von rechtmäßigen und rechtswidrigen Inhalten zu unterscheiden. Das Verlinken auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk, das mit Zustimmung des Rechtsinhabers auf einer fremden Internetseite bereitgehalten wird, stellt nach übereinstimmender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs kein öffentliches Zugänglichmachen dar. Sollte man also ein rechtmäßig veröffentlichtes Foto auf Facebook teilen, so gilt das Teilen des Linksetzers nicht als eine Veröffentlichung. Eine Haftung ist somit ausgeschlossen.

Das Verlinken von rechtswidrigen Inhalten kann jedoch, sofern kein Zu-eigen-machen vorliegt, eine Haftungsverantwortlichkeit des Linksetzers auslösen. Teilt man also ein Foto im sozialen Netzwerk, so kommt es auf den Zweck des Hyperlinks, insbesondere auf den Gesamtzusammenhang an, indem der Link verwendet wird, um dafür die Haftungsverantwortung übernehmen zu müssen. Wichtig ist dabei auch, ob und inwiefern der Linksetzer bzw. der Teiler Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Bildnisses hatte oder haben müsste.

Ein Abwehranspruch des Abgebildeten besteht in diesem Fall nur, wenn das Bildnis durch den Link in einen herabsetzenden Kontext eingebunden wird. Das führt dazu, dass der Inhaber eines Bildnisses sich nicht zur Wehr setzen kann, wenn ein Personenfoto von ihm mit seiner Zustimmung im Internet präsentiert wird und eine dritte Person dieses Foto mittels eines Framelinks in nicht herabsetzender Weise auf eine andere Internetseite einbettet.

3. Zu-eigen-Gemacht

Handelt es sich bei der Verlinkung jedoch um zu-eigen-gemachte Inhalte, so bestehen unabhängig von der Kenntnis der Rechtswidrigkeit u.a. Schadensersatzansprüche. Bei einer Privatperson ist es bislang nicht eindeutig, wann ein Zu-eigen-Machen vorliegt. Es wird zumindest dann angenommen, wenn ein privater Nutzer in einem sozialen Netzwerk fremde Inhalte teilt und mit einem beliebigen Kommentar versieht, der nur verständlich wird, wenn auch der fremde Inhalt wahrgenommen wird. Dies würde aber zu einem kaum beherrschbaren Haftungsrisiko des Laien führen und die Nutzung der „unübersehbaren Informationsfülle im Internet“[2] wesentlich erschweren. Ein Zu-eigen-Machen wird somit nur dann angenommen werden, wenn ein Privater den fremden Beitrag mit eigenen Inhalten tatsächlich so verbindet, dass die gesamte Äußerung offensichtlich als eigene erscheint.

Recht der Kinder

Auch den Kindern steht ein Recht am eigenen Bild zu, wenn deren Fotos in sozialen Netzwerken veröffentlicht werden. Dieses Recht wird bei kleineren Kindern von den sorgeberechtigten Eltern wahrgenommen, weshalb die Einwilligung der Eltern eingeholt werden muss. Ist das Kind 14 oder älter, so ist zudem eine Einwilligung des Minderjährigen selbst erforderlich, sofern eine gewisse Einsichtsfähigkeit beim Kind besteht.

Strafbarkeit

Gem. § 33 KUG können Verletzungen des Rechts am eigenen Bild mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden. Sollte in die Intimsphäre des Einzelnen eingegriffen werden, so wird nach § 201a Strafgesetzbuch (StGB) mit gleichem Strafmaß bestraft. Bei diesem handelt es sich allerdings um ein Offizialdelikt, d.h. der in seinem Recht Verletzte muss nicht wie bei § 33 KUG einen Antrag auf Strafverfolgung stellen, die Straftat wird von Amts wegen verfolgt. Auch wird derjenige bestraft, der aus den Aufnahmen einen Nutzen zieht, sie also gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

Fazit

Das Internet ist ein sich schnell veränderndes Netz. Daher ist es umso schwieriger, die rechtlichen Richtlinien für dieses Netz immer auf dem neuesten Stand der Technik zu behalten. Beim Recht am eigenen Bild in sozialen Netzwerken handelt es sich um eine sehr agile Materie, über die insbesondere im Bereich der Hyper- und Framelinks Diskussionsbedarf besteht. Nichtsdestotrotz sollte man sich im besten Fall immer eine Einwilligung des Abgebildeten einholen.

[1] OLG München, ZUM 1986, 482f.

[2] Lauber-Rönsberg, NJW 2016, 744, 747.