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Framing als Urheberrechtsverletzung? Eine Analyse der Rechtsprechung des EuGH und BGH zum Einbetten von Online-Videos
Esra Arican, Universität Hamburg

„Es hätte alles so einfach sein können.“[1]

Framing begegnet uns mittlerweile an so vielen Stellen im Netz, sei es in Social Media, in Blogs[2] oder auch auf dieser Website, dass die jahrelange juristische Diskussion darüber fast erstaunlich erscheint. Und sie dauert mit Hinblick auf bestimmte Aspekte immer noch an. Das Thema Framing bietet die verschiedensten rechtlichen Fragestellungen, die insbesondere das Urheber- und Wettbewerbsrecht betreffen. Es wurde in der deutschen Rechtsprechung insbesondere in dem Fall „Die Realität“ behandelt, in dem es um ein Unternehmen ging, das ein Video seines Wettbewerbers einbettete. Unnötige Komplikationen entstanden dadurch, dass der BGH Framing als eine eigenständige Problematik eingeordnet hat, obwohl die maßgeblichen Fragen bereits mit der Rechtsprechung zu Hyperlinks geklärt waren.

Im Folgenden wird im Lichte der deutschen und europäischen Rechtsprechung erläutert, inwiefern Framing zulässig ist.  Die wettbewerbsrechtliche Problematik, ob Framing die Gefahr der Irreführung i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG birgt[3] oder ob es sich dabei um eine unmittelbare Leistungsübernahme[4] handelt, wird ausgeklammert. Der Fokus liegt auf urheberrechtliche Fragen, die das Zueigenmachen, das Vervielfältigungsrecht gem. § 16 UrhG und die öffentliche Zugänglichmachung gem. §§ 15 bzw. 19a UrhG sowie vor allem die öffentliche Wiedergabe aus § 15 UrhG und aus Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie[5] betreffen.

Was ist unter Framing zu verstehen?

Die Framing-Rechtsprechung ist maßgeblich von der Rechtsprechung zu anderen Fragen des Internetrechts, insbesondere solche, die Hyperlinks und sog. Deep-Links betreffen, beeinflusst. Daher ist eine präzise Definition dessen, was Framing bedeutet und umfasst, nötig.

Framing, auch Inline-Linking genannt, bezeichnet eine Technik, bei der ein Teilbereich eines Browserfensters einer Website unveränderte Inhalte einer anderen Website abbildet.[6] Besonders beliebt ist das Einbetten von Videos, überwiegend solchen des Portals YouTube. Dabei erscheint ein eigenes oder fremdes Video einer anderen Plattform in einem Rahmen („Frame“) und kann durch Anklicken abgespielt werden, ohne dass sich dafür die ursprüngliche Plattform öffnen muss.

Die Tatsache, dass Framing bis heute rechtliche Probleme aufwirft, rührt vor allem daraus, dass die Herkunft der fremden Inhalte[7] – und dass es sich überhaupt um fremde Inhalte handelt – nicht auf den ersten Blick für Nutzer erkennbar ist, sondern der Eindruck erweckt werden kann, es handele sich um eigene Inhalte[8]. Wie sich, geprägt durch die Rechtsprechung des BGH und EuGH, später zeigt, ist dieses anfangs scheinbar offenkundige Problem nicht so relevant wie angenommen werden mag, sondern wird von der Frage um die Zustimmung des Rechteinhabers zum Framing und zum erschlossenen Publikum verdrängt.

Die vorangegangene Rechtsprechung zu Hyperlinks

Der Framing-Rechtsprechung geht eine juristische Diskussion um das Setzen von Hyperlinks voraus. Fraglich war, ob das Setzen von Hyperlinks zu anderen Websites, deren Unterseiten und darin enthaltenen Dateien gegen verschiedene Rechte der Urheber verstößt.

Im Paperboy-Urteil des BGH[9] ging es um den Nachrichtendienst Paperboy, der auf Basis von Suchanfragen der Nutzer auf tagesaktuelle Beiträge einer Vielzahl von Nachrichtenanbietern verlinkte. Die Quelle des Beitrags wurde in Form eines Hyperlinks dargestellt, der durch Anklicken den entsprechenden Beitrag auf der fremden Website aufrief. Der Hyperlink stellte einen sogenannten Deep-Link dar, der nicht auf die Startseite der Website, sondern auf eine spezifische Unterseite verwies. Ein weiteres Serviceangebot von Paperboy war eine als „persönliche Tageszeitung“ bezeichnete Zusammenstellung von für den jeweiligen Nutzer relevanten Beiträgen. Der BGH entschied, dass sowohl das Vervielfältigungsrecht aus § 16 UrhG als auch das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung (vor der Einführung des § 19a UrhG noch als unbenanntes Verwertungsrecht aus § 15 UhrG[10]) und nicht zuletzt das Recht auf öffentliche Wiedergabe aus Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie trotz des Angebots von Paperboy gewahrt seien. Das Setzen von Hyperlinks, sei es auf der eigenen Website oder in Form einer persönlichen Tageszeitung, stellte laut BGH schon keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung dar. Bei den Links handle es sich lediglich um Verweise durch eine elektronische Verknüpfung.[11] Das Werk selbst werde ursprünglich nicht beim Linksetzer, sondern auf der verlinkten Website öffentlich zugänglich gemacht; nur in der Sphäre Letzterer liege die Abrufmöglichkeit des Werkes im Internet.[12] Sollte der Betreiber der verlinkten Website das Werk entfernen, so liefen auch die Links dorthin ins Leere. Ein Angebot wie das von Paperboy bewirke daher nicht das Bereithalten des Werkes, sondern stelle zudem eine eigene Leistung dar.[13] Darüber hinaus führte der BGH noch als allgemeine Erwägung an, dass Rechteinhaber Beschränkungen in Kauf nehmen müssten, die daraus resultieren, dass die Funktionsfähigkeit des Internets im Interesse der Allgemeinheit gewährleistet werden müsse. Hyperlinks seien ein solch elementarer Bestandteil des Internets und würden dessen Nutzungsfähigkeit ermöglichen.[14]

Indes ist das Urteil auf viel Kritik gestoßen. Inhaber von Urheberrechten würden nicht ausreichend geschützt und die allgemeinen Erwägungen zum Allgemeinwohl würden fehlgehen. Anbieter würden ihre Schutzmaßnahmen erhöhen, die Kommunikation im Internet würde daher eingeschränkt.[15]

Diese negative Entwicklung kann, 13 Jahre nach dem Paperboy-Urteil, jedoch nicht bestätigt werden. Im Gegenteil: Jedem Internetnutzer ist offenkundig, dass Verlinkungen mehr denn je zum Alltag im Netz gehören.

Im Urteil wird auch erwähnt, dass die Klägerin keine technischen Schutzmaßnahmen getroffen habe, um den Zugriff auf ihr Nachrichtenangebot bzw. entsprechende Unterseiten zu verhindern. Dieser Punkt wird in einem späteren BGH-Urteil[16] aufgegriffen, in dem es um sog. Session-IDs ging. Die Verwendung von Session-IDs bezeichnet eine Technik, welche die Verlinkung von Deep-Links (also auf spezifische Unterseiten einer Website) verhindert. In dem entschiedenen Fall klagte ein Anbieter von elektronischen Stadtplänen gegen ein Wohnungsunternehmen, welches unter Umgehung der Session-IDs Hyperlinks zu spezifischen Kartenausschnitten statt zur Startseite setzte.

Der BGH verwies auf das Paperboy-Urteil, das mit dem vorliegenden Fall allerdings aufgrund des Fehlens einer technischen Schutzmaßnahme nicht vergleichbar sei. Denn durch eine solche Vorrichtung mache der Rechteinhaber sein Angebot auch nur einem eingeschränkten Nutzerkreis zugänglich, der von einem Fremden durch Umgehung der Vorrichtung erweitert wird. Auf die Wirksamkeit und Komplexität der Schutzmaßnahme komme es nicht an. Maßgeblich sei allein gem. § 95a UrhG das Vorliegen und die Erkennbarkeit einer solchen.[17]

Mit dieser Rechtsprechung zu Hyperlinks ist das Framing noch nicht automatisch mitbeurteilt. Es kennzeichnet die Rechtsprechung des BGH, dass dieser das Framing zunächst als eine rechtlich eigenständig zu beurteilende Problematik eingestuft hat.

Der BGH zum Framing: Die Realität I

Die deutsche Framing-Problematik entstand mit einem Urteil, das auch Anlass für viele Wortspiele in der Rezeption geboten hat – Die Realität I.[18] Die Klägerin namens BestWater International GmbH, Herstellerin von Wasserfiltersystemen, veröffentlichte ein von ihr produziertes Video mit dem Titel „Die Realität“ auf YouTube, in dem die weltweite Wasserverschmutzung angeprangert wird. Die Beklagten arbeiten als Handelsvertreter eines mit der Klägerin konkurrierenden Unternehmens und betteten das Video im Wege des Framings in ihre eigene Website ein.

Der BGH legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung der Frage vor, ob die Einbettung eines auf einer fremden Website frei zugänglichen Werkes in eine andere Website eine Verletzung des Rechts auf öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie darstellt, auch wenn die Wiedergabe nicht für ein neues Publikum oder nach einem anderen technischen Verfahren als das der ursprünglichen Wiedergabe erfolgt.

Der BGH stellte zunächst fest, dass im Framing eines Videos kein öffentliches Zugänglichmachen gemäß § 19a UrhG bestehe. Der Grund dafür sei, dass nicht der Einbettende, sondern der Betreiber der ursprünglichen Website das Werk zum Abruf bereithalte. Sobald er es vom ursprünglichen Server löscht, läuft auch der Framing-Link ins Leere. Allein das Vortäuschen einer urheberrechtlichen Nutzungshandlung, indem man den Eindruck erweckt, selbst das Werk bereitzuhalten, reiche nicht aus.[19]

Darüber hinaus wird eine Verletzung des unbenannten Verwertungsrechts der öffentlichen Wiedergabe, welches sich aus richtlinienkonformer Auslegung des § 15 UrhG ergebe, in Betracht gezogen, jedoch mit der Begründung verneint, der Beklagte wolle hier kein neues Publikum erreichen und nutze ebenso wie die Klägerin bei der ursprünglichen Wiedergabe das Internet.[20]

Außerdem sei das Vorliegen eines Erwerbszwecks laut BGH bei der Beklagten zwar nicht unerheblich, jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Tatbestandsmäßigkeit der öffentlichen Wiedergabe.[21]

Bei der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-Richtlinie kommt der BGH jedoch zu einer abweichenden Betrachtung. Das darin geschützte Recht der öffentlichen Wiedergabe sei durch Framing tangiert. Framing müsse anders als das Setzen von Hyperlinks und Deep Links betrachtet werden. Durch Framing nehme der Einbettende eine zentrale Rolle bei der Werkvermittlung ein. Betrachte man dies in Zusammenhang mit dem von der InfoSoc-Richtlinie bezwecktem hohen Schutzniveau für den Rechteinhaber, müsse man bei wertender Betrachtung zu dem Ergebnis kommen, dass eine öffentliche Wiedergabe vorliege. Ob die Fremdheit des eingebetteten Werks für den Nutzer erkennbar ist, sei nicht von Bedeutung.[22]

Der BGH kommt also zu dem Ergebnis, dass Framing anders als das Setzen eines Hyperlinks betrachtet werden müsse. Es bleibt jedoch offen, warum Framing eine zentralere Rolle bei der Werkvermittlung als das Setzen von Hyperlinks einnimmt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erkennbarkeit der Fremdheit keine Rolle spielt, scheint fraglich, welchen Unterschied es zwischen Hyperlinks und Framing noch geben soll. Zweifelhaft ist auch, warum der BGH das Framing nur bei Art. 3 InfoSoc-RL und nicht bei der Betrachtung des deutschen Urheberrechts als problematisch ansieht.

Svensson-Urteil des EuGH zu Hyperlinks

Für die Lösung der Problematik rund um Framing spielt das Svensson-Urteil des EuGH[23] eine entscheidende Rolle. Darin ging es zwar um Hyperlinks. Die rechtliche Bewertung jedoch muss, wie sich später zeigte, auf Framing entsprechend übertragen werden. Bei diesem Vorabentscheidungsverfahren ging es um einen Streit zwischen Journalisten der Zeitung Götborgs-Posten und der Website Retriever Sverige, die, wie Paperboy, eine Zusammenstellung von anklickbaren Artikeln anderer Websites bot. Gestritten wurde darüber, ob das Handeln der Retriever Sverige gegen Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie, dem Recht auf öffentliche Wiedergabe, verstößt. Der EuGH lehnte dies mit der Begründung ab, dass das Werk schon auf der Website der Klägerin frei zugänglich sei. Eine Wiedergabehandlung sei durch das Bereitstellen der Links zwar anzunehmen.[24] Allerdings umfasse diese Handlung dieselben Werke wie die ursprüngliche Wiedergabe und geschehe durch dasselbe technische Verfahren, nämlich im Internet. Daher müsse für eine öffentliche Wiedergabe das Kriterium hinzukommen, dass ein neues Publikum erschlossen wird, welches der Rechteinhaber bei der ursprünglichen Wiedergabe nicht hatte erreichen wollen.[25] Wenn ein Werk keiner beschränkenden Maßnahme unterliegt, sei davon auszugehen, dass sich die ursprüngliche Wiedergabe an alle Menschen mit Internetanschluss richtete.[26] Dies treffe auch im vorliegenden Fall zu. Die Frage, ob der Wechsel zu einer anderen Website für den Nutzer ersichtlich ist, sei hingegen nicht von Bedeutung, da es allein auf die freie Zugänglichkeit des Werkes im Internet ankomme.[27]

Nachdem am 12.3.2014 das Svensson-Urteil fiel, hielt der BGH trotzdem an seinem Vorabentscheidungsersuchen fest.[28] Seiner Ansicht nach sei im Svensson-Fall lediglich streitig gewesen, ob es für den Nutzer erkennbar sei, dass er durch Anklicken des Hyperlinks die Inhalte einer fremden Website öffnet. In dem Realitäts-Fall ginge es dahingegen um eine andere rechtliche Frage, nämlich ob Framing eine öffentliche Wiedergabe darstelle.[29]

Auch an dieser Stelle kommt der BGH zu einer angreifbaren Betrachtung. Allein die Tatsache, dass der EuGH sich erkundigt, ob trotz des Svensson-Urteils das Vorabentscheidungsersuchen aufrecht erhalten wird[30], zeigt schon, dass es letztendlich um dieselbe rechtliche Problematik geht und sich eine Ansicht des EuGH zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie bereits abgezeichnet hat. Die Betrachtung des BGH zur Schwerpunktsetzung im Svensson-Urteil ist ebenfalls fragwürdig. Darin ging es maßgeblich um die Frage der Neuheit des Publikums und daran anschließend der Fremdheit des Inhalts, nicht um die Erkennbarkeit für den Nutzer. Dieses Problem wird sogar schnell für unerheblich erklärt.[31]

Bestwater-Urteil des EuGH zum Framing

In dem Vorabentscheidungsverfahren zu „Die Realität“[32] vor dem EuGH ist nun spätestens zu erkennen, dass die urheberrechtliche Relevanz des Framing – aus europarechtlicher Sicht betrachtetchon mit dem Ergehen des Svensson-Urteils geklärt war. Die Argumente dieses Urteils werden erneut aufgegriffen – die fehlende Adressierung eines neuen Publikums und die fehlende Verwendung eines anderen technischen Verfahrens als in der ursprünglichen Wiedergabe. Der EuGH hat auf den Sachverhalt sogar Art. 99 seiner Verfahrensordnung angewendet, wodurch er jederzeit eine Entscheidung durch mit Gründen versehenen Beschluss treffen darf, wenn die vorgelegte Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann.[33] Zu dieser Rechtsprechung gehört maßgeblich das Svensson-Urteil. Dessen Begründung gibt der EuGH noch einmal wieder.

Dieses Ergebnis zeigt auch, dass eine Differenzierung zwischen Framing und dem Setzen eines Hyperlinks fehlläuft und beide Verfahren dieselbe rechtliche Bewertung erfahren müssen.

Framing und Zustimmung des Rechteinhabers: Die Realität II

Nach diesem Umweg über den EuGH konnte sich auch der BGH im zweiten Urteil zur Realität[34] in der Sache nicht mehr anders entscheiden. Er gibt daher die wesentliche Argumentation aus dem BestWater-Urteil wieder. Allerdings versteht der BGH das Urteil des EuGH so, dass immer dann ein neues Publikum erreicht werde und demnach eine Verletzung des Rechts auf öffentliche Wiedergabe aus Art. 3 InfoSoc-Richtlinie bestehe, wenn die ursprüngliche Wiedergabe des Werks ohne Zustimmung des Rechteinhabers geschehen sei. Denn dann habe er gerade nicht alle Internetnutzer als Adressaten gehabt. Wenn ein Fremder nun das Werk einbettet, gibt er es für ein Publikum wieder, welches der Rechteinhaber nicht vorgesehen habe. Im Realitäts-Fall sei nicht geklärt, ob das Video mit Zustimmung der Klägerin bei YouTube hochgeladen worden sei.

Das BGH-Urteil wird zu Recht dafür kritisiert, Internetnutzern unzumutbare Recherche- und Prüfpflichten aufzubürden, wenn sie Videos teilen. Dies widerspreche der tatsächlichen Realität im Netz.[35]

Dem OLG München als Berufungsgericht blieb nach der Zurückweisung des BestWater-Verfahrens vom BGH nur noch überlassen, festzustellen, ob „Die Realität“ ursprünglich mit oder ohne Zustimmung von BestWater bei YouTube hochgeladen wurde. Zu diesem Punkt machten die Parteien unterschiedliche Aussagen. Die Klägerin stützt sich vor allem darauf, dass das Video zur Zeit der Verlinkung durch die Beklagte nicht auf der eigenen Website verfügbar war, sondern nur im Rahmen eines Messestandes gezeigt wurde. Der Produzent des Videos habe das Video bei YouTube nach der Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte an BestWater hochgeladen. Allerdings konnte die Klägerin nicht, wie sie es gemäß den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen müsste, substantiiert darlegen und beweisen, dass das Video ohne ihre Zustimmung bei YouTube hochgeladen wurde.

Framing und Prüfpflichten in der Rechtsprechung des EuGH: GS Media vs. Sanoma Media

Zu der Frage, welche rechtlichen Konsequenzen sich ergeben, wenn die ursprüngliche Wiedergabe ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt, lag dem EuGH seit dem 7.4.2015 ebenfalls ein Vorabentscheidungsverfahren[36] vor. Der BGH weigerte sich jedoch, das BestWater-Verfahren bis dahin auszusetzen.[37] In der Sache ging es um ins Netz gestellte Fotografien, die erst später hätten veröffentlicht werden sollen.

Der EuGH beantwortete die Frage nach der fehlenden Zustimmung des Rechteinhabers zur ursprünglichen Wiedergabe damit, dass es darauf ankomme, ob die Verlinkung mit oder ohne Gewinnabzielungsabsicht und gutgläubig geschehe. Der Gerichtshof führte an, dass aus den Erwägungsgründen der InfoSoc-Richtlinie hervorgehe, dass diese einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und Nutzer herstellen wolle[38]. Der EuGH erkannte auch die Problematik, dass es für den Einzelnen kaum überprüfbar sei, ob die ursprüngliche Wiedergabe mit oder ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgte.[39] Von einem Nutzer mit Gewinnerzielungsabsicht könne eine solche Überprüfung jedoch erwartet werden und seine Bösgläubigkeit bezüglich der Zustimmung des Rechteinhabers werde vermutet.[40] Mit dieser Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der InfoSoc-Richtlinie sei das gewünschte hohe Schutzniveau des Rechteinhabers sichergestellt, denn er könne sich sowohl an denjenigen wenden, der die ursprüngliche Wiedergabe unrechtmäßig initiierte, als auch gegen solche Nutzer, die das Werk mit Gewinnerzielungsabsicht verlinken, und auch gegen denjenigen, der dies, auch ohne Gewinnerzielungsabsicht, bösgläubig tut.[41]

Dem Urteil ist zwar insofern zuzustimmen, als dass die Interessen zwischen Nutzern und Rechteinhabern gut in Einklang gebracht werden. Allerdings ist das Haftungsrisiko für Unternehmer immer noch zu hoch. Auch ist fraglich, was für Suchmaschinen gilt, die ebenfalls mit Gewinnerzielungsabsicht handeln. In der Praxis wird sich nun zeigen, welche Anforderungen an die Nachprüfungspflicht von Unternehmern gestellt werden.[42]

Fazit

Mithin ist die Rechtsprechung, nach langen Diskussionen um die Auslegung der öffentlichen Zugänglichmachung und der öffentlichen Wiedergabe, zu dem Ergebnis gekommen, dass Framing urheberrechtlich unbedenklich ist, zumindest wenn es sich ursprünglich um zulässigerweise eingestellte Inhalte handelt.

Damit schließt sich das Kapitel um Framing vorerst. Es bleibt nur zu hoffen, dass es geschlossen bleibt und insbesondere die vom EuGH aufgeworfene Problematik um die Gewinnerzielungsabsicht keine weitere lange Kette an Verfahren aufwirft.

Bedenklich bleibt dennoch die den Unternehmern auferlegte Prüfpflicht zur Zustimmung des Rechteinhabers. Diese Pflicht ist vor dem Hintergrund weiterer urheberrechtlichen Wertungen unverhältnismäßig. So treffen den Plattformbetreiber gem. § 7 Abs. 2 TMG keine aktiven Prüf- oder Nachforschungspflichten und er haftet für etwaige Rechtsverletzungen erst ab Kenntnisnahme. Daher ist äußerst zweifelhaft, weshalb Unternehmern beim Framing Prüfpflichten auferlegt werden sollen, zumal eine Gewinnerzielungsabsicht schnell angenommen sein mag.

Dem Rechteinhaber bleibt immer noch die Möglichkeit, gegen denjenigen vorzugehen, der ohne dessen Zustimmung das Werk ins Netz gestellt hat. Darüber hinaus ist es für diejenigen, die Videos bei YouTube einstellen technisch möglich, das Einbetten ihrer Videos zu verhindern.[43]

Die Rechtsprechung ist dazu angehalten, die digitale Entwicklung nicht durch unzumutbare Prüfpflichten zu unterbinden und stattdessen stärker den Handelnden bei der ursprünglichen Wiedergabe in den Blick zu nehmen.

[1]          Biesterfeld-Kuhn, Die zweite Realität der Bundesrichter, Legal Tribune Online, http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bgh-izr46-12-framing-youtube-urheber-zustimmung/ Stand: 02.05.2017.

[2]          Vgl. Reinauer, MDR 2015, 252.

[3]          Vgl. Micklitz/Namyslowska, in: Spindler-Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, § 5 UWG, Rn. 134.

[4]          Vgl. Eck, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Wettbewerbsrecht, 4. Auflage 2010, § 56, 4 Nr. 9 UWG, Rn. 195.

[5]          Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft.

[6]          Leyendecker-Langner in: BeckOK Informations- und Medienrecht, 13. Edition, § 12 BGB, Rn. 77.

[7]          Grützner/Jakob, Compliance von A-Z, 2. Auflage 2015, Framing.

[8]          Busche, in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 2. Auflage 2014, § 5 UWG, Rn. 706.

[9]          BGH, MMR 2003, 719.

[10]        Durch das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10.9.2003 (BGBl. I 2003 S. 1774) wurde mit Wirkung zum 12.9.2003 der § 19a UrhG eingeführt, welcher das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung kodifiziert.

[11]        BGH, MMR 2003, 719 (721).

[12]        BGH, MMR 2003, 719 (722).

[13]        BGH, MMR 2003, 719 (723).

[14]        BGH, MMR 2003, 719 (724).

[15]        Vgl. zum Ganzen Wiebe, MMR 2003, 724 (724ff.).

[16]        BGH, MMR 2011, 47.

[17]        BGH, MMR 2011, 47 (48f.).

[18]        BGH, MMR 2013, 596.

[19]        Vgl. zum Ganzen BGH, MMR 2013, 596 (597), Rn. 9.

[20]        BGH, MMR 2013, 596 (598), Rn. 22 ff.

[21]        BGH, MMR 2013, 596 (598), Rn. 19.

[22]        Vgl. zum Ganzen BGH, MMR 2013, 596 (599), Rn. 26 f.

[23]        EuGH, Urt. v. 12.03.2014, C-466/12.

[24]        EuGH, Urt. v. 12.03.2014, C-466/12, Rn. 20.

[25]        EuGH, Urt. v. 12.03.2014, C-466/12, Rn. 24.

[26]        EuGH, Urt. v. 12.03.2014, C-466/12, Rn. 26.

[27]        EuGH, Urt. v. 12.3.2014, C-466/12, Rn. 29.

[28]        BGH, MMR 2014, 615.

[29]        BGH, MMR 2014, 615 (616).

[30]        BGH, MMR 2014, 615 (616).

[31]        EuGH, Urt. v. 12.03.2014, C-466/12, Rn. 29.

[32]        EuGH, Beschluss v. 21.10.2014, C-348/13.

[33]        EuGH, Beschluss v. 21.10.2014, C-348/13, Rn. 12.

[34]        BGH, GRUR 2016, 171.

[35]        Biesterfeld-Kuhn, Die zweite Realität der Bundesrichter, Legal Tribune Online, http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bgh-izr46-12-framing-youtube-urheber-zustimmung/, Stand: 02.05.2017. Für weitere kritische Anmerkungen vgl. Müller, http://www.mueller-roessner.net/ueberraschende-entscheidung-zum-framing-es-kommt-auf-die-erlaubnis-des-rechtsinhabers-an/, Stand: 02.05.2017.

[36]        EuGH, GRUR 2016, 1152.

[37]        BGH, GRUR 2016, 171 (176), Rn. 50.

[38]        EuGH, GRUR 2016, 1152 (1153), Rn. 31.

[39]        EuGH, GRUR 2016, 1152 (1154), Rn. 46.

[40]        EuGH, GRUR 2016, 1152 (1155), Rn. 51.

[41]        EuGH, GRUR 2016, 1152 (1155), Rn. 53.

[42]        So auch in der Anmerkung zum Urteil Ohly, GRUR 2016, 1152 (1156). Vgl. zu den Auswirkungen für die Praxis Heidicker, https://www.anwalt.de/rechtstipps/framing-bgh-urteil-vom-az-i-zr_071005.html, Stand: 02.05.2017.

[43]        Vgl. bei „Optionen zum Einbetten von Videos verwalten“ den letzten Punkt „Einbetten deiner Videos deaktivieren“ bei https://support.google.com/youtube/answer/171780?hl=de, Stand: 02.05.2017.